GESICHTSFELD:

- variabel kombinierbare gruppen -

aussenseitig seiende eindringlinge stützen simultan vereinnahmungsmodelle und das desintregationssystem

  

Seit einigen jahren interessiere ich mich für meine möglichkeiten in der arbeit mit heterogen gearbeiteten aspekten von meist kleinteiligen modulen, die bestandteil größerer werkgruppen sind. Einfacher: neben elementen, über die einzelne arbeiten als bestandteil einer werkgruppe auszumachen sind, erarbeite ich für einige oder mehrere module teilaspekte, die das feld der werkgruppensignifikanten schnittmengen verunklaren.

Ein beispiel:

  1. alle zeichnungen der arbeit GESICHTSFELD sind auf din-a4 genormtem papier gearbeitet. (formatübereinstimmung)
  2. alle arbeiten zeigen den primär kommunikationsrelevanten teil eines menschlichen kopfes
    (eben:das GESICHTSFELD)
  3. die meisten, aber nicht alle arbeiten zeigen dieses GESICHTSFELD als en face maske
  4. die blätter, in denen formale abweichungen von einmal gesetzter norm (gesicht in dreiviertelansicht / mimisch extrovertiert oder mimisch introvertiert gearbeitetes GESICHTSFELD / computergenerierte vorzeichnung – freihandgezeichnete maske etc.) erkennbar sind, bilden je nach häufung eigene teilgruppen innerhalb der größeren werkgruppe oder bleiben solitäre momente, deren aussonderung für die meisten betrachtenden „ästethisch“ befriedigender wäre.

Ich glaube an die dynamik der unscharfen topoi, das ist im prinzip die hauptsächliche motivation für viele meiner arbeiten aus den letzten jahren.

Als idee hinter der beschäftigung mit dieser art der defokussierung denke ich mir eine art biotopisches ideal – d.h.: scheinbar divergente und als nichtzugehörig deklarierte erscheinungen bilden ein umfassenderes dynamisches feld, als es die alltagserprobten separationstechniken im zugriff auf information über etwas (den körper / die kunst / wahrnehmungen / wirklichkeiten) formulieren können.

(Der positive wert der beliebigkeit wäre ein anderer topos, über den in diesem zusammenhang nachgedacht werden könnte..)

GESICHTSFELD ist eine der Arbeiten, die auf den ersten blick sehr dicht und geschlossen in erscheinung tritt. Die fragwürdigen und inkonsequenten momente dieser anhäufung imaginierter portraits, die in der regel erst bei dem wechsel des fokus von der gruppenerscheinung der zeichnungen auf die einzelbilder realisiert werden, diese momente sind das für mich energetisierende in der arbeit.

Das mag als anachronistische angelegenheit angesehen werden, ist doch die optionale verbindung differentester äusserungsformen seit langem durch diverse high & low paradigmen geläutert popkultureller standard.

Da mir das zeitgemäße als aufgabenstellung aber nicht besonders relevant erscheint, diese adjektivierung im gegenteil eher eine der lähmenderen deutungsblasen zu sein scheint (neben dezidiert „politischer“ oder anderen weltanschaulichkeitswappenbastelorgien verpflichteten kunstverklappungen) und ich der idee abgearbeiteter oder durch diskurserledigung abgeernteter kunstfelder mit leicht gleichgültiger skepsis begegne, kann ich ohne skrupel gegenüber avantgarde und anderen deutungsmonopolmoden unangebunden waten und einsinken im nährenden morast der kunstkräfte.

 falk nordmann

berlin 2006

informationen über die bildkörper:

format einzelblatt: 210 mm x 297 mm
materialien: mischtechniken auf papier

anmerkung: das colorit und die stoffliche präsenz der arbeiten kann ein scan nur in sehr abstrahierter form vermitteln. etliche blätter sind mit mehrschichtiger farbplaque bedeckt, einige sind eingerissen, eingeritzt, eins ist vernäht, eins mit heftpflaster beklebt, eins ist angebrannt.
Dieser katalog kann nur einen eindruck vom grundmaterial vermitteln, aus dem GESICHTSFELD gebildet wird. Die eigentliche arbeit entsteht, wenn die zeichnungen im raum zusammengestellt werden. doppelseitig frei gehängt, in dreier, sechser, neunergruppen an den wänden und als amorph lockere zusammenstellung kann diese arbeit in den raum imaginiert werden.